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Blick: „Trotz 250 Job-Absagen lasse ich mich nicht unterkriegen“

Obwohl der Arbeitsmarkt ausgetrocknet ist, finden Arbeitslose über 50 Jahren nicht einfach so einen Job. Das erstaunt. Blick hat mit einem direkt Betroffenen gesprochen. Er würde auch als Lehrer oder im Gesundheitswesen arbeiten.

Der Arbeitsmarkt ist ausgetrocknet. Die Stellensuche fällt leichter als auch schon. Das hat nun einen paradoxen Effekt: Ältere Arbeitnehmende werden nicht mehr geschont – sondern bei Reorganisationen sang- und klanglos entlassen.

Bislang galt: Wer Ü50er entlässt, riskiert Negativschlagzeilen und einen Reputationsschaden. Das scheint die Firmen in der Schweiz aber zunehmend weniger zu stören. 

Eine Auswertung zeigt, dass die Kündigungsquote bei Ü50ern signifikant höher liegt als bei den anderen Altersgruppen. Pascal Scheiwiller (49) ist CEO des Outplacement-Beraters Von-Rundstedt. Er führt das schwindende Mitgefühl mit den Ü50ern auf die tiefe Arbeitslosigkeit von aktuell 2,2 Prozent zurück. «Offenbar führen die vielen offenen Stellen dazu, dass Arbeitgeber sich keine grossen Sorgen mehr um Betroffene machen.»

«Habe mich 250 Mal beworben»

Ganz anders tönt es bei den Direktbetroffenen. Etwa bei HR-Manager Thomas Liedtke (59) aus Erlenbach ZH. «Ich habe mich bereits 200 bis 250 Mal beworben.» Vergebens, sagt er zu Blick. Es gebe halt keine Jobs ohne Ende, schon gar nicht für Mitarbeitende in seinem Alter.

Die Hoffnung habe er aber noch längst nicht verloren, sagt er zu Blick. «Solche Situationen gehören heute einfach zum Leben.» Und: «Sachbearbeiterjobs mache ich auch heute immer noch mit links.» Er habe sich auch als Lehrer beworben. «Schliesslich hiess es, dass man die brauche.» Er könne sich auch vorstellen, im Gesundheitswesen zu arbeiten.

Kurz: Resigniert hat Liedtke noch längst nicht. Derzeit arbeitet er in einem 60-Prozent-Pensum bei einem Sicherheitsdienst. «Klar, fühle ich mich zuweilen niedergeschlagen», sagt er. Betont aber: «Ich lasse mich nicht unterkriegen!»

Altersguillotine für über 50-Jährige

Von der Realität zurück zur Studie: 39 Prozent aller Kündigungen betreffen laut der Berechnung über 50-Jährige. Im Vorjahr lag die Quote noch bei 31 Prozent. «Relativ gesehen wird viel mehr Ü50ern gekündigt», schlussfolgert Scheiwiller. Das beweist: Die Altersguillotine ist nach wie vor eine Tatsache, auch wenn sie sich dank des Fachkräftemangels nach oben verschiebt.

Die gute Nachricht: Ältere Arbeitnehmende finden dank des Fachkräftemangels einfacher wieder eine neue Stelle. Ü50er suchen gemäss der Auswertung derzeit 6,1 Monate nach einem neuen Job. Noch vor zwei Jahren dauerte ihre Stellensuche im Schnitt 8,3 Monate.

Über 5 Monate Stellensuche

Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass es älteren Arbeitnehmenden weiterhin deutlich schwerer fällt als jüngeren, eine neue Stelle zu finden. Über alle Altersgruppen hinweg dauert die Stellensuche aktuell nur 5,2 Monate.

Allerdings: Betrachtet man die Auswertung nicht für das Gesamtjahr 2022, sondern detaillierter, zeichnet sich eine Trendwende ab: Im zweiten Halbjahr 2022 registrierte von Rundstedt mehr Stellenabbauprojekte und Restrukturierungen. «Es kommt in naher Zukunft wieder zu mehr Kündigungen», prognostiziert Scheiwiller.

Geschuldet ist das den trüben Wirtschaftsaussichten. Mit einer stark steigenden Arbeitslosigkeit muss man deswegen aber längst nicht rechnen, sondern vielmehr mit einer Normalisierung auf dem Arbeitsmarkt.

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