Initiativbewerbungen von Firmen bei Kandidaten, Tools mit Künstlicher Intelligenz oder Bewerbungsmanagement per Social Media: Was andernorts bereits Gang und Gäbe ist, davon wollen Schweizer Firmen bei der Jagd nach Talenten und neuen Mitarbeitenden kaum etwas wissen.
Auch wenn inzwischen viele Unternehmen ihre Stellenausschreibungen auf sozialen Medien publizieren und sich dort als moderne, mitarbeiterfreundliche Organisation darstellen, so läuft die Personalsuche hierzulande noch immer auf dem konventionellen Weg. Wer eine Anzeige anklickt, wird in der Regel auf ein Stellenportal oder die firmeneigene Website weitergeleitet, wie eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Personalvermittlers Rundstedt zeigt.
Ihre Bewerbung direkt auf den entsprechenden Plattformen einreichen, können Interessierte hingegen erst selten. Auch die Rekrutierung über eigene Mitarbeitende, sogenannte Business Communities oder das Reverse Recruiting, bei dem sich Firmen ihrerseits bei interessanten Kandidaten bewerben, kommt kaum vor. „Trotz Fachkräftemangel gibt es in der Rekrutierung noch wenig Innovation“, so das Fazit der Autoren.
Rechtlich unzulässige Methoden
Auch für die Bewertung von Bewerbern greifen die Recruiter erst spärlich auf die Hilfe von Social Media zurück. „Obwohl öffentliche Informationen auf sozialen Plattformen in der Regel stärker abgesichert sind als in optimierten Lebensläufen, werden die Daten und Bewertungen auf Plattformen wie Linkedin oder Xing kaum berücksichtigt“, heisst es.
Stattdessen greifen Personalvermittler vermehrt auf ein unrechtes Mittel zurück: Laut der Studie fragt über die Hälfte der Recruiter persönliche Kontakte der Bewerber über diese aus. Dabei seien solche informellen Referenzen rechtlich unzulässig.
Zudem gilt ein klassischer CV noch immer als das Mass aller Dinge, wenn es um die Bewerbung geht. Dabei sei ein solcher häufig optimiert und das Motivationsschreiben sage mehr über Bewerber aus, schreiben die Autoren.
Weiterbildung unwichtig
Gemäss der Studie sind hiesige Personalvermittler auch in Sachen Fähigkeiten der Bewerber wenig an Innovation interessiert. Fachwissen und Branchenerfahrung zählen viel mehr als die sogenannten „Future Skills“ wie Lernfähigkeit, Agilität, Veränderungsfähigkeit, Problemlösung oder soziale Fähigkeiten. Auch ausserberufliches Engagement der Bewerbenden zählt wenig.
Während Faktoren wie das Alter, die Sprachkenntnisse oder die Zeit, die man schon in einer Branche verbracht hat, sehr wichtig sind, werden Weiterbildungen im Schweizer Arbeitsmarkt tendenziell vernachlässigt. Es sei den Recruitern weitgehend egal, wo jemand einen Bachelor oder einen CAS absolviert habe. „Das weist alles darauf hin, dass der Substanz der Weiterbildungsaktivitäten eines Bewerbers keine grosse Wichtigkeit beigemessen wird“, heisst es in der Studie.
Insgesamt stellt Rundstedt den Personalern in der Schweiz kein gutes Zeugnis aus. So würden sich bekannte Trends auf dem Schweizer Arbeitsmarkt bestätigen: „Die Altersdiskriminierung reisst trotz Fachkräftemangel und zunehmender Sensibilisierung nicht ab.“
Zudem wollen die Firmen bei ihren Wunschanforderungen bei Fachwissen, Funktion und Branche nicht über den Tellerrand blicken. Wer die nötigen Kriterien nicht erfüllt ist raus. „Wichtige berufliche Neuorientierungen werden dadurch beeinträchtigt“, so von Rundstedt.