Wachstumsspirale ohne Ende – oder Altersdilemma: Diese und weitere Phänomene hat eine neue Studie untersucht. Viele Widersprüche bewahrheiten sich.
Der Arbeitsmarkt sieht sich mit verschiedenen Widersprüchen konfrontiert. Diese hat nun die Outplacement-Firma von Rundstedt gemeinsam mit der Fachzeitschrift «HR Today» genauer unter die Lupe genommen. «Es gibt Phänomene auf dem Schweizer Arbeitsmarkt, die offensichtlich widersprüchlich und nicht leicht zu verstehen sind», meint der CEO der Firma von Rundstedt, Pascal Scheiwiller.
Fast 2000 HR-Managerinnen, HR-Manager und Führungskräfte haben sich an der Umfrage beteiligt und unter anderem die Fragen beantwortet, ob ein Produktivitätsdilemma durch den Fachkräftemangel entsteht oder ob Möchtegern-Unternehmer so schnell wie möglich ein gegründetes Unternehmen verkaufen wollen. Dies sind die acht Hypothesen und die Ergebnisse der Studie:
- Polarisierung zwischen Gewinnern und Verlierern
These eins vertrat die Ansicht, dass eine Parallelität zwischen Fachkräftemangel und struktureller Arbeitslosigkeit besteht. Während die einen gefragt sind, werden die anderen abgewiesen. Mit einer Zustimmung von 63 Prozent stimmt laut der Umfrage diese These nicht nur, sie spitzt sich gar zu.
- Keine Lust auf Arbeit und trotzdem Burn-out
Die zweite These baut darauf auf, dass mehr Menschen weniger arbeiten und nur wenige Menschen mehr arbeiten. Die Folge davon ist, dass die Selbstverwirklichung auf Kosten der anderen stattfindet. Diese These erhielt eine satte Zustimmung von 67 Prozent und bestätigte sich somit im Arbeitsmarkt.
- Wachstumsspirale ohne Ende
Die Aussage provoziert: Wachstum provoziere einerseits den Fachkräftemangel und anderseits eine weitere Arbeitsimmigration. Das wiederum treibt das quantitative Wachstum an, doch diese Spirale bringt den Arbeitsmarkt qualitativ nicht weiter. Auch diese These hat eine markante Zustimmung von 67 Prozent erhalten.
- Produktivitätsdilemma des Fachkräftemangels
Die vierte These vertritt die Ansicht, dass die Arbeitnehmenden mehr Ansprüche haben, gleichzeitig aber weniger Leistungsbereitschaft zeigen. In der Folge geht die Arbeitsproduktivität in der Schweiz verloren. HR-Managerinnen und Führungskräfte bestätigen auch diese These mit 61 Prozent Zustimmung.
- Branchenkult
Die digitale Transformation erfordert eigentlich ein hohes Mass an Flexibilität und Mobilität zwischen Berufsprofilen und Branchen. Das Profil der Arbeit sollte also unabhängig von der Branche funktionierten. Die These vertritt die Ansicht, dass es Quereinsteiger nach wie vor schwer haben und die Arbeitgeberinnen noch immer einen Branchenglauben vertreten. Dies bestätigt die Umfrage mit 70 Prozent.
- Purpose und Individualität
Die Firmen propagieren ihren Purpose und zeigen die Nachhaltigkeitsprogramme auf. Die meisten Menschen sagen zwar, dass sie ebendiesen Purpose als wichtig einstufen – in Wahrheit ist ihnen jedoch die eigene Selbstverwirklichung wichtiger. Diese These haben HR-Manager und Führungskräfte mit 73 Prozent bejaht.
- Möchtegern-Unternehmer
Die siebte These sagt, dass Entrepreneurship hip ist und dass Gründerinnen und Gründer das Ziel verfolgen, möglichst schnell zu verkaufen. Zugespitzt heisst die These gar, dass viele Jungunternehmerinnen heute keine langfristige Strategie verfolgen und es ihnen primär nicht um den gesellschaftlichen Beitrag, sondern um Selbstverwirklichung und finanzielle Interessen geht. Diese Aussage widerlegte die Studie mit einer Ablehnung von 54 Prozent.
- Altersdilemma
Die letzte These vertritt die Ansicht, dass die älteren Arbeitnehmenden über das Pensionsalter hinaus arbeiten sollen, um so den demografischen Engpass sowie den Fachkräftemangel zu lindern. Nur: Keiner will sie, die Alten. Diese These erhielt über 70 Prozent Zustimmung.