von Rundstedt hat in Zusammenarbeit mit dem führenden Schweizer HR Medium HR Today zwischen April und August 2022 eine gross angelegte Umfrage zum Fachkräftemangel in der Schweiz durchgeführt.
Das Ziel der diesjährigen Umfrage war es, mehr über das wirkliche Ausmass und die Umstände des Fachkräftemangels zu erfahren und die Unterschiede in den verschiedenen Branchen aufzuzeigen. Die Umfrageergebnisse zeichnen ein differenzierteres Bild der Betroffenheit und zeigen auf, mit welchen Strategien und Mitteln die Firmen dem Fachkräftemangel begegnen. Wir haben in der Umfrage ebenfalls erhoben, welche Auswirkungen der Fachkräftemangel auf die Rekrutierungspraxis und die Personalarbeit der Unternehmen hat.
Hohes Interesse und wichtige Erkenntnisse
An der Umfrage haben 985 HR-Manager von Firmen aus der ganzen Schweiz teilgenommen. Die Resultate liegen differenziert nach Branchen, Sprachregionen und Unternehmensgrössen vor.
- Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse
Unerwartet belegt das Gesundheitswesen keinen Spitzenplatz . Nur 31% der Gesundheitsbetriebe stufen den Fachkräftemangel als sehr hoch ein. Am meisten Betroffenheit wird in den Branchen IT/High Tech (47%), Konsumgüter/Detailhandel (44%) und industrielle Produktion (34%) verzeichnet. Die Schlusslichter sind der Finanzsektor (12%), die öffentliche Verwaltung (11%), Pharma & Chemie (10%) und die Logistik (2%). - Der Fachkräftemangel variiert stark je nach spezifischen Profilen
Der Fachkräftemangel betrifft in vielen Branchen nur einen relativ kleinen Teil der Positionen. In Gastronomie, Konsumgüter/Detailhandel, Bauwesen und der öffentlichen Verwaltung ist die Besetzung von 25% bis 33% der Positionen kritisch. Im Gesundheitswesen, bei Banken und Versicherungen und in der Pharma/Chemie sind es nur 5-10% der Positionen. Bei den branchenübergreifenden Positionen belegen IT-Fachkräfte (77%), fachliche Kundenberater (53%), Forschung & Entwicklung (42%), anspruchsvolle Sales Funktionen (40%) und Handwerker (38%) die Spitzenplätze. Bei klassischen Positionen im Finanzbereich (32%), Office & Administration (24%) und im Marketing (17%) ist die Situation um einiges entspannter. - Es fehlt häufiger an technischen Fachkompetenzen als an digitalen Grundkompetenzen
Bei den kritischen Positionen liegen die Kompetenzdefizite erstaunlicherweise nicht im digitalen Bereich. Es fehlt relativ häufig an technischen Fachkompetenzen (41%), viel weniger an digitalen Grundkompetenzen (13%). Dabei fehlt es heute kaum mehr an spezifischen Zertifikaten oder Ausbildungsdiplomen (6%). Durch die inflationäre Entwicklung auf dem Weiterbildungsmarkt sind diese im Überfluss vorhanden und zeugen kaum mehr von echter Kompetenz. - Der Fachkräftemangel macht Firmen mutiger und schafft neue Möglichkeiten für neue Zielgruppen
Wird der passende Kandidat nicht gefunden, wird in erster Linie der Suchprozess verlängert (93%), Geld für externe Suchmandate investiert (68%) und die Anforderungskriterien aufgeweicht (79%). Das bedeutet für die Rekrutierung, dass das Zero Gap Verhalten der Firmen der letzten Jahre notgedrungen einer grösseren Flexibilität und mehr Abweichungstoleranz weicht. Es werden neu Kandidaten in Betracht gezogen, die vor zwei Jahren noch als «benachteiligt» galten. Das Interesse an Müttern nach über 10 Jahren stellenloser Mutterschaft (63%) nimmt zu, die Chancen von älteren Kandidaten Ü60 (43%) steigen und Quereinsteiger (31%) bekommen häufiger eine Chance. Auch spezielle Befähigungsprogramme (58%) gewinnen an Bedeutung und Rekrutierungsinitiativen im Ausland (36%) werden salonfähig. - Trotz zunehmender Flexibilität keine Quereinsteigerkultur in der Schweiz
Durch den akuten Fachkräftemangel bekommen Quereinsteiger zwar in 31% der Firmen eher eine Chance. Berufliche Neuausrichtungen und Richtungswechsel bleiben in der Schweiz aber trotzdem schwierig. 81% der HR Manager finden, dass in der Schweiz trotz digitaler Transformation nach wie vor keine Quereinsteigerkultur herrscht. Branchenerfahrung ist und bleibt bei Bewerbungen heilig (78%) und Generalisten haben es nach wie vor schwerer als Spezialisten (61%). - Die Altersguillotine verschiebt sich nach oben
Das kritische Alter ist im letzten Jahrzehnt schrittweise von Ü55, auf Ü50 bis sogar Ü45 gefallen. Durch den Fachkräftemangel verschiebt sich diese aktuell wieder markant nach oben. Die kritische Grenze liegt bei vielen Firmen neu bei 58 bis 60 Jahren. Für Ü60 ist es aber nach wie vor anspruchsvoll, eine neue Stelle zu finden. In Branchen wie z.B. Konsumgüterbereich/Detailhandel liegt sie mit 50 bis 52 Jahren allerdings immer noch um einiges tiefer (Medianberechnung).