Nach dem extremen Arbeitskräftemangel unmittelbar nach der Pandemie ist der Arbeitsmarkt in der Schweiz schwieriger geworden.
Die Jobsuche in der Schweiz ist schwieriger geworden. Statt neue Mitarbeiter zu rekrutieren, legen viele Firmen Stellen zusammen. Die Folge: Das Stellenangebot nimmt im Vergleich zum letzten Jahr auf breiter Front ab, warnt der Verband der Personalvermittler Swissstaffing.
Bemerkenswert dabei: Besonders betroffen sind Hochschul- und Büroberufe, wie eine Erhebung von Adecco zeigt. Der Fachkräftemangel ist nur noch in wenigen Berufen ein grosses Thema. So bleiben etwa im IT-Bereich Netzwerkarchitekten sehr gesucht, ebenso wie manche Angestellte im Gesundheitswesen und Schreiner.
Zweigeteilter Arbeitsmarkt
Nach dem extremen Arbeitskräftemangel nach der Pandemie habe sich der Jobmarkt normalisiert, bestätigt Pascal Scheiwiller (51), Chef der Outplacement-Firma von Rundstedt. Die Jobsuche sei zwar wieder aufwendiger als letztes Jahr, aber nicht schwieriger als vor Corona. «Wir sehen allerdings immer mehr einen zweigeteilten Arbeitsmarkt, in dem einige Leute extrem gefragt sind und andere es schwer haben.»
Schwierig sei die Situation beispielsweise für klassische KV-Berufe, wo durch die Digitalisierung noch grosse Einsparungen möglich seien, sagt Personalexperte Matthias Mölleney (64). Doch was kannst du tun, wenn du in einer Branche zu Hause bist, die weniger gefragt ist?
«Was genau suche ich?»
«Man muss innerlich damit umgehen können, dass es Absagen gibt», sagt Ursula Bergundthal (62), Geschäftsführerin von Solution Advisors, gegenüber Blick. Dann gelte es trotzdem dranzubleiben und eine Strategie zu entwickeln: «Was genau suche ich? Welche Kompromisse kann ich machen? Und wie erkläre ich schlüssig Lücken im Lebenslauf oder fehlende Erfahrungen?».
In einem angespannteren Arbeitsmarkt müsse man durchdacht an die Jobsuche gehen und seine Stärken und Schwächen kennen, so die HR-Expertin. Dann könne man auch bestehende Lücken bei einem möglichen Wechsel des Berufs oder sogar der Branche besser erklären.
Gezielt weiterbilden
Viele Fähigkeiten blieben auf dem Arbeitsmarkt gefragt, sagt auch Mölleney. «Wer technische Fähigkeiten hat, wer ein Handwerk gelernt hat oder sich mit künstlicher Intelligenz auskennt, muss sich keine Sorgen machen.»
Und wem gewisse Fähigkeiten fehlen, der könne sich gezielt weiterbilden, betont Mölleney. Dabei gehe es weniger darum, eine komplett neue Ausbildung zu beginnen. Meist brauche es nur ein paar neue Fähigkeiten, die besonders nachgefragt werden, um voranzukommen.
Scheiwiller rät dazu, bei der Jobsuche anstatt den Lebenslauf gezielt die eigenen Schlüsselfähigkeiten in den Vordergrund zu stellen und deren Verbindung mit der Zielstelle aufzuzeigen. «Arbeitgeber suchen häufig nach spezifischen Kompetenzen und Erfahrungen, und nicht nach Berufsprofilen.» Deshalb sei es wichtig, vor der Bewerbung ein genaues Bild der Stelle und deren Herausforderungen zu haben und entsprechende Informationen im Umfeld der Stelle einzuholen.
Stellensuchende ab 55 sind im Nachteil
Je weiter der Wunschjob vom aktuellen Job entfernt sei, desto schwieriger werde es meistens, sagt Bergundthal. Und wer komplett die Branche oder Funktion wechsle, müsse sich auch bewusst sein, dass das häufig mit einem tieferen Lohn verbunden sei.
Erschwert werde der Quereinstieg dadurch, dass viele Firmen alle Bewerber aussortieren würden, die nicht haargenau ins Schema passen, sagt Scheiwiller. Dieses Phänomen führe dazu, dass es einige Leute schwer hätten, nach einer Entlassung wieder eine Stelle zu finden. Besonders Stellensuchende ab 55 seien im Nachteil.
Doch die zwei Experten und die Expertin sind sich einig: Es dauere zwar heute wieder etwas länger, doch am Ende fänden die meisten Jobsuchenden wieder eine Stelle.